„Was geht und was geht nicht“ – Zum Haushaltsentwurf für Nettetal 2016

Rede des Fraktionsvorsitzenden Guido Gahlings zum Haushalt 2016:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
Anders als in den Vorjahren gab es in diesem Jahr eine intensive Diskussion um den Haushaltsentwurf. Wesentlicher Anstoß war die Empfehlung der Gemeindeprüfungsanstalt, das strukturelle Defizit im Haushalt in Höhe von 2 Millionen € durch Konsolidierungsanstrengungen auszugleichen. Der einstimmige Beschluss: Spätestens in fünf Jahren über einen jährlichen Stufenplan soll dieses Ziel erreicht sein.

 

 

In der Tat: Um den Nettetaler Haushalt ist es nicht gut bestellt. Auch wenn es Verbesserungen gegenüber der HH-Einbringung gab – Stand letzte Wasserstandsmeldung vom 26.11. liegt das Minus bei 2.721.414€. Höchste Zeit also, mit Mut und Ehrlichkeit jenseits parteipolitischer Profilierung und Klientelgefälligkeiten zu sagen: Was geht und was geht nicht. Bei den Anträgen von TSV Kaldenkirchen und Rhenania Hinsbeck auf städtische Zuschüsse für die Sanierung der eigenen Leichtathletikanlagen ist das – wenn auch erst im Fachausschuss – gelungen.
Als genaues Gegenteil empfindet die Grünen-Fraktion die Mehrheitsentscheidung im letzten Kulturausschuss, die anfallenden Vorverkaufsgebühren beim neuen Ticketingsystem aus dem städtischen Haushalt zu begleichen und nicht über die Tickets. Macht pro Jahr 24.500€. Da heißt es doch allen Ernstes in der Verwaltungsvorlage, „dass von den Kunden der Werner-Jaeger-Halle keine gedankliche Differenzierung zwischen einer Gebührenerhöhung und regulären Preiserhöhungen zu erwarten“ ist. Mit anderen Worten: Nettetaler Theaterkunden sind einfach zu dumm, um selbstverständliche Sachverhalte zu verstehen: Dass nämlich Tickets im Vorverkauf auch Vorverkaufsgebühr kosten.
Und das schlimme ist, dass der Fachausschuss dieser absurden Argumentation mit breiter Mehrheit auch noch gefolgt ist. Also aus Mitteln des klammen Nettetaler Haushalts kräftig subventionierte Theaterkarten werden jetzt auch noch zusätzlich subventioniert durch die Übernahme der VVK-Gebühren. Das ist Klientelpolitik pur, und so werden wir den HH-Ausgleich nicht schaffen!

Was geht und was geht nicht – auch mit Blick auf die Schuldenlast unserer Kinder und Enkel?

Beispiel Turnhalle Sassenfelder Kirchweg. Ich erinnere an meine Frage in der HH-Rede des letzten Jahres: Ist es angesichts der deutlich ausgebauten Hallenkapazitäten in Lobberich und Kaldenkirchen nicht vermittelbar, in Abstimmung mit den Stadtsportbund Wege zu finden, ohne diese Halle auszukommen, die jährlich 85.000€ an Unterhalt kostet? In diesem Jahr haben wir vergeblich auf eine Antwort gewartet, für Anfang 2016 mahnen wir diese hiermit an.
Oder ein anderes Beispiel: Die Sanierung alleine der Technik des Lehrschwimmbeckens in Breyell wird geschätzt rund 200.000€ kosten, ganz zu schweigen von weiteren Aufwendungen. Natürlich sollen Kinder schwimmen lernen, aber geht das nicht auch ohne eine kostenintensives Lehrschwimmbecken in städtischer Trägerschaft?

Was geht und was geht nicht? Es würde gar nicht gehen, wenn nicht auch Nettetal einen entschiedenen Beitrag leistet, um die ehrgeizigen Klimaschutzziele zu erreichen, die gerade auf der Weltklimakonferenz in Paris verabschiedet worden sind. Da sehen die Grünen die Stadt Nettetal auf einem guten Weg, auch was den HH angeht. Das Klimaschutzkonzept ist einstimmig verabschiedet, die Position eines Klimamanagers im Stellenplan verankert und der Förderantrag gestellt, ebenso für die Klimaschutzteilkonzepte Erneuerbare Energien und energetische Optimierung der städtischen Liegenschaften. Klimaschutz – das ist auch ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, weil damit Energiekosten eingespart werden. Unseren Anträgen folgend gibt es Anfang des neuen Jahres einen Schülerwettbewerb für ein Klimaschutz-Logo mit Slogan, Vorüberlegungen für ein Radwegekonzept und auch Dienstfahrräder in der Verwaltung. Nicht nur Frau Fritzsche kann dann ihre Termine im Großraum Lobberich mit dem Fahrrad erledigen. Ob auch der Bürgermeister die neuen Dienstfahrräder nutzen wird?
Vieles in diesem Jahr und wohl auch weiterhin wurde bestimmt durch die Flüchtlingsfrage. Neben den vielen Ehrenamtlichen hat die Nettetaler Stadtverwaltung hier überaus engagierte und hochmotivierte Arbeit geleistet und wir wollen allen Beteiligten unsere große Anerkennung aussprechen. Das gilt auch für die intensive Einbindung der Politik. Die getroffenen auch finanziellen Entscheidungen im Konzern Stadt, um den NetteBetrieb und auch die Baugesellschaft hier ebenfalls zu nennen, finden unsere ausdrückliche Unterstützung. Das gilt auch für die beantragte Aufstockung der Stellen in diesem Bereich.

In unserer HH-Klausur haben wir uns intensiv mit möglichen Konsolidierungsschritten zum Haushaltsausgleich beschäftigt. Der Vorschlag der Verwaltung ist mit gerade einmal 400.000€ im ersten Schritt nicht gerade ambitioniert und wir hätten uns da sehr viel mehr vorstellen können. Die meisten Vorschläge tragen wir mit. Nein sagen wir zu einer erneuten Erhöhung der Hundesteuer. Das wären in nur drei Jahren 48% mehr. Das ist unverhältnismäßig und ein Affront gegen alle Hundehalter, deren Unmut wir sehr gut verstehen. Lenkungswirkung, Begrenzung der Hundezahl wird als Begründung angegeben. Nettetal mit seinen weitläufigen Grünbereichen ist doch nicht von einer Hundeinvasion bedroht!
Lenkungswirkung – das ist unserer Meinung nach bei den Glücksspielen angezeigt. In Nettetal gibt es mehr als doppelt so viele Geräte mit Gewinnmöglichkeit pro Einwohner wie in landes- und bundesweiten Durchschnitt. Deshalb haben wir den Antrag eingebracht, den Steuersatz auf 20% für Spielhallen und Gaststätten zu setzen, so wie auch von der GPA empfohlen und in Viersen und Schwalmtal bereits umgesetzt. Und wie es die aktuelle Rechtsprechung als zulässig und rechtmäßig ansieht. Gegenüber dem Verwaltungsvorschlag von 17 bzw. 15% Besteuerung würden sich so Mehreinnahmen von 150.000€ ergeben und der Verzicht auf eine Erhöhung der Hundesteuer mehr als ausgeglichen.

Die weitere Digitalisierung der Verwaltungs- und Ratsarbeit ist für uns ein wichtiger Punkt für den nächsten Konsolidierungsschritt. Dabei ließen sich auch Unmengen Papier einsparen. Ein nicht unwesentlicher Beitrag zum Klimaschutz, den wir alle zusammen leisten könnten. Schließlich ist der ökologische Fußabdruck von Papier nicht gerade klein (wenn er bei dem meistens verwendeten Recyclingpapier deutlich kleiner ist als bei weißem Frischfaserpapier).

Weitere Themen sind für uns Parkgebühren und Gewerbesteuer. Nettetal wirbt mit dem niedrigsten Gewerbesteuersatz der Region und liegt inzwischen schon 7 Prozentpunkte gegenüber dem fiktiven Hebesatz von aktuell 417 zurück. Damit verzichtet die Stadt auf rund 150.000€ Mehreinnahmen. Allerdings, es ist eine schwer zu kalkulierende Größe, wie sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt hat. Nettetal könnte deshalb auch weiter auf eine Erhöhung verzichten und stattdessen einen Weg prüfen, wie ihn aktuell die Stadt Ennepetal gegangen ist. Auf Initiative der Unternehmen wurde das Modell eines Spendenpools entwickelt, in das die kommunale Wirtschaft bis zum Umfang der ansonsten greifenden Gewerbesteuererhöhung einzahlt.
Parkgebühren. Würden eine erhebliche Ergebnisverbesserung für den städtischen HH mit sich bringen von bis zu 200.000€ jährlich, wie der Fachbereich in einer Vorlage detalliert zusammengestellt hat. Natürlich sind viele Detailfragen zu klären und natürlich muss auch der Nettetaler Einzelhandel einbezogen werden, der sich bereits zu einem Aktionsbündnis gegen Parkgebühren zusammengeschlossen hat. Als Antwort zitiere ich aus der Stellungnahme der Verwaltung: „Ob allerdings die Einführung von Gebühren tatsächlich zu dauerhaft nachteiligen Auswirkungen für die betroffenen Einzelhandelsstandorte und die Attraktivität der Zentren führt, ist auch aufgrund des Vergleichs mit vielen anderen Kommunen, die schon seit längerem ihre Flächen über Gebühren bewirtschaften, nicht ersichtlich.“

Wir vertrauen auf die eindeutige Absprache, das Thema Parkgebühren für die nächste Konsolidierungsstufe einzubeziehen. Und wir werden uns dafür einsetzen, als zweiten Schritt einen deutlich größeren Konsolidierungsschritt zu schaffen. Je näher es Richtung Kommunalwahl 2020 geht desto schwieriger wird es werden, das Ziel von 2 Millionen struktureller Verbesserung zu erreichen. In diesem Sinn stimmt die Grünen-Fraktion unter Abwägung aller Argumente dem HH-Entwurf 2016 einschließlich dem Stellenplan zu.