Haushalt 2019: Nettetal blüht, summt und brummt – dieses Motto würde zu unserer Stadt und auch zu den Leitzielen 2015+ richtig gut passen

Rede zum Haushaltsentwurf 2019 von Guido Gahlings:

Auf dem ersten Blick sind die Rahmenbedingungen glänzend: Ein sattes Plus von 1.4 Millionen € im Haushaltsentwurf 2019. Jahresabschluss 2017 mit knapp 4 Millionen im Plus. Ausgleichsrücklage mit 17.4 Millionen € auf neuem Höchststand. Aber wie sieht es hinter den glänzenden Zahlen in der Verwaltung selbst aus? Angesichts des bedenklichen Führungskräfteschwunds nicht nur der beiden Beigeordneten muss auch die Frage nach internen Ursachen gestellt werden. Ein neuer 1. Beigeordneter ist jetzt gefunden, aber das technische Dezernat nicht neu besetzen, wie vom Bürgermeister vorgeschlagen? Da sehen wir noch erheblichen Diskussionsbedarf. Über ein neues Verwaltungsorganigramm muss im neuen Jahr jedenfalls dringend Klarheit über Zuständig- und Verantwortlichkeiten geschaffen werden.

Zurück zum Haushalt. Glänzende Zahlen, also Geld ausgeben ohne großes Nachdenken? Langsam! Es werden auch wieder schlechtere Zeiten kommen. Und der Schuldenstand alleine im Kernhaushalt hat mit 71 Millionen € eine unrühmliche Rekordhöhe erreicht, auch wenn darin Ausleihungen an die städtischen Töchter Krankenhaus und Stadtwerke enthalten sind. Dennoch bieten die guten Rahmenbedingungen natürlich auch finanzielle Möglichkeiten zur zukunftsgerichteten Weiterentwicklung Nettetals, die es zu nutzen gilt.

Die Grünen-Fraktion tritt dafür ein, dass das weiter mit Augenmaß geschieht. Zwei Beispiele:

  1. Die anstehende Kernsanierung der Werner-Jaeger-Halle. Angesichts mancher Unwägbarkeiten und der Baukostensteigerung werden die ursprünglich genannten gut 6 Millionen € nicht zu halten sein, das muss allen klar sein. Wenn aber vor dem Komma eine acht erscheint, dann ist für uns die Schmerzgrenze eindeutig überschritten.
  2. Die Sanierung der Pflasterflächen in der Fußgängerzone Breyell. Keine Frage, hier besteht Handlungsbedarf. Jetzt aber für 245.000€ lediglich nach der Auswertung von eigenen kleinen Referenzflächen ein Fugenmaterial einzusetzen, das nicht den anerkannten Regeln der Sanierungstechnik entspricht, erscheint uns doch sehr gewagt. Deshalb haben wir im Fachausschuss mit Nachdruck die Einbeziehung von Erfahrungswerten aus anderen Kommunen mit einem vergleichbaren Pflaster angemahnt.

Unter den großen kommunalen Herausforderungen hat Nettetal bei der Digitalisierung als Maßstab einer bürgernahen, effizient arbeitenden Verwaltung noch viel Luft nach oben. Das hat die Berichterstattung im letzten Hauptausschuss wieder deutlich gezeigt. Warum die im Stellenplan 2018 auf einen vollen Umfang aufgestockte IT-Planstelle immer noch nicht besetzt ist, können wir trotz wortreicher Erklärungsversuche des Bürgermeisters nicht nachvollziehen. Für 2019 erwarten wir eine zügige Neubesetzung und dann die Vorlage eines schon lange angekündigten Strategiekonzeptes.

Nicht zuletzt der letzte heiße Sommer mit einer langen Trockenperiode hat einer breiten Öffentlichkeit warnend vor Augen geführt, wie real die Klimakrise auch hier vor Ort bereits ist. Mit verschiedenen Anträgen haben wir als Grünen-Fraktion versucht, kommunale Antworten anzustoßen:

Für die Bauhofkolonne gibt es jetzt zwei Elektrotransporter und eine eigene Ladesäule, bald gespeist durch Sonnenstrom von den Dächern der neuen Bauhofgebäude.

Die städtischen Liegenschaften werden ab Januar 2019 mit Ökostromplus durch unsere Stadtwerke versorgt. Der Aufpreis von gerade einmal 6.300€ bei rund 2 Millionen Kwh ist sehr gut investiertes Geld für mehr Klimaschutz und für den weiteren Ausbau der Energiewende. Kein konventioneller Strommix mehr mit Atomstrom und klimabelastendem Braunkohlestrom! Eine richtungweisende Entscheidung mit Vorbildfunktion für die Öffentlichkeit.

Am besten wäre natürlich, wenn die erneuerbare Energie in Zukunft noch mehr hier vor Ort erzeugt wird und damit die Wertschöpfung in der Region verbleibt. Im Haushalt 2019 ist das Klimaschutzteilkonzept „Erneuerbare Energien“ verankert und wird sicherlich neue Impulse zu diesem Thema geben.  Auch für mehr Windenenergie in Nettetal –  trotz neuem Windenergieerlass in NRW, der mehr ein Verhinderungserlass ist.

Beim Thema Energie spielt, auch aus Haushaltsgründen, die Verbrauchsreduktion und Effizienzsteigerung eine bedeutsame Rolle. Dazu wurde mit dem Teilkonzept „Eigene Liegenschaften“ ein Umsetzungsfahrplan, die Anschaffung einer unterstützenden Software und eine mit Fördermitteln bezuschusste neue Stelle beschlossen.   Nachdem die bisherigen Energieberichte auch aufgrund von Personalengpässen weitgehend ohne konkrete Auswirkungen blieben hoffen wir jetzt für das neue Jahr auf richtig viel Dynamik.

Für die Straßenbeleuchtung, immerhin ein Kostenfaktor von mehr als 1.6 Millionen € im Jahr, wurde inzwischen nach langem Ringen ein Effizienzkonzept beschlossen: Minus 40% Verbrauch in 10 Jahren. Nach unserer Meinung muss und kann da mehr möglich sein, wie die Beispiele anderer Kommunen zeigen. Im neuen Jahr wollen wir dieses Thema aufgreifen.

Gleiches gilt für das Konzept Cradle-to-Cradle einer nachhaltigen und gesunden Kreislaufwirtschaft ohne Abfall. Einem einstimmigen Absichtsbeschluss aus dem Frühjahr 2017 folgte in der letzten Neujahrsansprache unseres Bürgermeisters eine wortstarkes Bekenntnis. Nur passiert ist bisher nichts. Sicherlich: Beim Bau der neuen KiTa Wiewaldi in der Breyeller Mühlenbachniederung wurde vieles in Richtung Nachhaltigkeit umgesetzt. Aber jetzt geht es darum, diese Erfahrungen auszuwerten und mit unserer Nachbarstadt Venlo ein Konzept zur weiteren Umsetzung zu entwickeln. Die Bereitschaft dazu ist mehr als vorhanden. Für den neuen 1. Beigeordneten Dr. Rauterkus ergibt sich hier in seinem neuen Aufgabenspektrum sicherlich ein sehr spannendes und innovatives Betätigungsfeld.

Ansprechen möchte ich abschließend noch ein Thema, das ebenfalls als große Herausforderung anzusehen ist – der zunehmende Verlust der biologischen Vielfalt. Um nur ein Beispiel zu nennen: 75% Insektenrückgang in weniger als 30 Jahren, wie eine große Krefelder Freilandstudie ergeben hat, sind ein alarmierendes Signal. Die Grünen-Fraktion begrüßt es sehr, dass im Hausentwurf 2019 finanzielle Mittel eingestellt sind, um Gegenmaßnahmen hier vor Ort auf kommunaler Ebene zu starten. So innerhalb des Leader-Projektes zusammen mit Kevelaer, Straelen und Geldern für mehr Blühstreifen und Blumenwiesen sowie für die Co-Finanzierung eines Beraters zur „Steigerung der Biodiversitätsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen“. Hier übernimmt Nettetal auch den Eigenanteil des Kreises Viersen. Ebenso begrüßen wir, dass Nettetal durch einstimmigen Beschluss im letzten Umwelt- und Klimaschutzausschuss jetzt Mitglied im „Bündnis Kommunen für biologische Vielfalt e.V.“ ist. Dabei geht es schwerpunktmäßig darum, die Potentiale kommunaler Grünflächen für die Artenvielfalt zu entwickeln.

Damit ist auch ein wichtiger Punkt für die geplante weitere Umsetzung des Grünflächenpflegekonzeptes von 2015 genannt.  Von Seiten der Verwaltung wird dazu eine zusätzliche Summe von 500.000€ für 10 zusätzliche Stellen bzw. für eine Fremdvergabe genannt. Darüber wird im neuen Jahr zu entscheiden sein.

Es geht um viel mehr als um eine Erhöhung der Pflegedurchgänge. Konkret heißt es im Konzept auf S. 24: „Im Stadtbild fehlen, insbesondere an den wichtigen Punkten städtischen Lebens, Farbtupfer und anspruchsvollere Gestaltungselemente.“ Das ist sehr treffend formuliert. So sehr es außerhalb unserer direkten Ortslagen viele gelungene Beispiele vielfältiger und ästhetisch ansprechender Gestaltung mit bunten Blumenwiesen oder vielfältigen Staudenbereichen gibt, so sehr fehlen diese Elemente innerhalb der direkten Ortslagen.  Im Sinne der Lebensqualität, des Stadtmarketings und auch der biologischen Vielfalt gibt es jedenfalls eine Menge Handlungsbedarf. Nettetal blüht, summt und brummt – dieses Motto würde  zu unserer Stadt und auch zu den Leitzielen 2015+ richtig gut passen!

Ich komme zum Fazit: Bei der Verwaltungsorganisation sehen wir einigen Klärungsbedarf, aber finanziell sehen wir Nettetal auf einem guten Weg. Unsere schwerpunktmäßig genannten kommunalpolitischen Themen finden sich angemessen im Haushalt wieder, auch wenn wir uns teilweise mehr Elan wünschen würden. Der Haushaltsentwurf 2019 einschließlich der Anlagen findet unsere Zustimmung.  Abschließend ein herzlicher Dank an alle, die bei der HH-Aufstellung beteiligt waren. Ein Dank aber auch an die anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit und dafür, dass unsere Anträge im Jahr 2018 so viel Unterstützung gefunden haben.

Ratsvorlage:

https://ris.nettetal.de/vorgang/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZc0h4NhKdQWxXogs6JJb-bk

Pressebericht in der Rheinischen Post (ohne inhaltliche Gewähr):

https://rp-online.de/nrw/staedte/nettetal/nettetaler-stadtrat-beschliesst-haushalt-2019_aid-35236417